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Tina Wohlfarth sagt von sich selbst, ein „Tiefdruck-Junkie“ zu sein und definitiv „Naturalistin“.
Obwohl die Malerei ebenso zu ihrem Schaffen gehört, ist die Mezzotintoradierung das bevorzugte Medium und darin wird eine künstlerische Meisterschaft deutlich, die ihresgleichen sucht.
Aus über 1400 Bewerbern den „Gold Prize“ einer der weltweit ältesten und renommiertesten Biennalen für Druckunst ROC in Taiwan zu erhalten, war im letzten Jahr der Höhepunkt im Schaffen der Dresdnerin Tina Wohlfarth. Dabei ist dieser Preis nur einer von 5 Auszeichnungen in 2018+2019 für ihre einzigartigen druckgrafischen Werke.
Während der Ausstellung sind 12 unikate Vorzugsgrafiken erhältlich.
Sonntag, 16. Juni 2019
Wort: | Dr. Ingrid Koch, Journalistin |
Ton: | Daniel Rothe, Klarinette |
Meine Damen und Herren,
liebe Freunde,
liebe Frau Nütt,
sehr geehrter Herr Dudek,
liebe Tina Wohlfarth,
OPHELIA! Dies ist nicht nur der Name einer der Hauptgestalten von Shakespeares Tragödie „Hamlet“ – jener jungen Frau, die an ihrer nicht standesgemäßen Liebe zum dänischen Prinzen zugrunde geht. OPHELIA ist darüber hinaus – und vielleicht dank Shakespeares - einer der zentralen Mythen europäischer Kunst, der zu gegebener Zeit von Literaten, Malern und später auch Filmleuten vielfach aufgegriffen wurde. Besonders das 19. und frühe 20. Jahrhundert – eine Zeit, in der die Gesellschaft in heftigem Umbruch war - kennt in Literatur und Malerei zahlreiche Rückbezüge auf den Mythos jener jungen Frau, die scheinbar ohne Widerstand sich dem Versinken im Wasser anheim gibt. Von Rimbauds Dichtung „Ophélie“ (1870) ließen sich später deutsche Expressionisten wie Georg Heym, Gottfried Benn und Paul Zech inspirieren. Und auch der berühmte BB griff das Motiv „Vom ertrunkenen Mädchen“ 1920 auf. Dabei tritt eine, durchaus auch von Sozialkritik gespeiste Wandlung der Figur ein: Es geht nicht mehr nur um unglückliche Liebe, sondern auch um das Motiv des sogenannten „gefallenen Mädchens“. Hinzu kommen wie bei Benn die eher unschönen Züge der Verwesung.
Verschwunden ist die Romantik, ja Verklärung, von der sich Maler des 19. Jahrhunderts noch leiten ließen: So ließ John Everett Millais seine weltbekannte „Ophelia“ (Tate Britain) 1850/51 in einem Fluss, mit Blumen bedeckt und eingebettet in blühende Ufersträucher, wie schlafend dahin gleiten. Ähnlich erscheint auch die 1900 vom Symbolisten Lucien Levy-Dhurmer geschaffene „Ophelia“. Dank der genutzten Pastelltechnik wirkt diese regelrecht ätherisch inmitten der sie umkränzenden Blumen.
Dies Wenige zum Ophelia-Mythos in der Kunst, angeregt vom heutigen Ausstellungstitel. Der wiederum verdankt sich den fünf, diese Ausstellung prägenden Ophelia-Darstellungen, womit ich natürlich nicht die Bedeutung der übrigen mehr als 50 Werke hier schmälern möchte. Ich glaube aber, dass diesmal in einer Ausstellung Tina Wohlfarths Ophelia so ins Zentrum rückt, hat nicht zuletzt mit ihrer Bedeutung als Projektionsfläche für die Künstlerin zu tun, ja als Projektionsfläche für eine Frau von heute. Und dann – darauf werde ich noch zurückkommen – geht es auch um den Platz dieser fünf aufwendigen Werke im bisherigen Schaffen: dahinter stehen immerhin fünf Jahre Arbeit!
Zunächst aber zurück zum Inhaltlichen: Wenn Tina Wohlfarth sich diesem Thema zuwendet, so geht es ihr nicht um eine Illustration der Tragödie der Ophelia. Nicht zufällig wohl erscheint die weibliche Figur, die man mitunter im Kopf für sich vollenden muss und kann, partiell als recht heutig – etwa mit T-Shirt und farbigen Shorts. Zugleich ist die Frauenfigur auch mal dunkel (I, von 2015). Gleichwohl trifft man auch hier auf Zeichen des Todes – im Muster des T-Shirts als gekreuzte Gebeine, die sich hier freilich verbinden mit dem Herzen als Symbol der Liebe. Bei anderen Ausführungen erscheint das Gewand durchaus historisierend. Aber auch dies ist vom Inhalt bestimmt: Überall in der Kleidung sitzen die den Verstand raubenden Geister oder auch Stimmen, ja sie dringen sogar in den Körper vor – dargestellt als kleine Köpfe, mitunter fratzenhaft bis böse. Tina Wohlfarth selbst spricht von den „1000 Stimmen“, die einem zuflüstern, wie man sich zu verhalten und was man zu leisten hat, und die den einen/ die eine mehr, den anderen/ die andere weniger bedrängen.
Ophelia ist eingezwängt (das ist etwas anderes als eingebunden) in geschriebene und ungeschriebene Regeln, die ihr nicht gut tun. Diese bilden nicht einen Orientierungsrahmen, sondern sind ein Korsett, schnüren ein, nehmen die Luft zu atmen, wie man sich besonders bei der Arbeit „Ophelia IV, 2“ vorstellen kann. Und mitunter führt dieses „Korsett“ von Regeln und Erwartungen anderer an die Grenzen psychischer Belastbarkeit. Ergebnis sind gleichermaßen Depressionen und Todessehnsüchte wie nicht weniger der Drang, mit exzessiven Lebensformen dem zu entkommen. Die Nöte der Ophelia sind zeitlos, auch wenn die gesellschaftlichen Spielregeln andere sind.
Es wurde schon angedeutet: die Großformate unter dem Titel „Ophelia“ kann man durchaus als einen Höhepunkt des bisherigen Schaffens der Künstlerin ansehen. Diese Unikate gehen über eine reine Grafik hinaus, verbinden die wunderbare und sehr aufwendige Mezzotintotechnik mit anderen: Man entdeckt Partien mit Prägedruck, der wiederum geht in Partien mit Schnitttechnik über. An anderer Stelle – etwa bei der kopfüber ins Wasser gleitenden Ophelia – findet man im mit Prägedruck ausgeführten Kopf noch Nadelstichmuster. Und schließlich seien die malerischen Aquarellpartien genannt.
Wir haben es hier mit vielschrittigen Arbeiten zu tun, die im Schaffensprozess höchste Aufmerksamkeit und exzellente Beherrschung der Techniken erfordern.
Hingewiesen sei noch darauf, dass die so wunderbar samtige Oberflächen erzeugende Mezzotintotechnik ziemlich mühsam ist, muss doch die Druckplatte, auf und mit der ohne Säure und Wärme gearbeitet wird, zunächst aufgerauht werden. Besonders beeindruckend stellt sich für meine Begriffe das Ergebnis beim „vielstimmigen“ Rock von „Ophelia IV,2“ dar. Aber auch der „Visonär“, der eigentlich nur ein Helm/eine Haube ist, und vor allem der große „Janus“kopf mit seinen zwei oder drei (?) Gesichtern und den kupferfarbenen Umschlingungen sind hervorragende Arbeiten. In dieser Art der Perfektion der Verbindung grafischer mit anderen künstlerischen Techniken ist das derzeitige Schaffen von Tina Wohlfarth wohl ziemlich einmalig. Letzteres sahen offensichtlich auch die Juroren der Internationalen Druckgrafikbiennale Taiwan so. Dort wurde die Künstlerin 2018 mit dem Goldpreis ausgezeichnet – unter immerhin 1400 Teilnehmern.
Auch wenn die fünf „Ophelia“-Varianten zweifellos ganz hervorragende Bedeutung für das Schaffen T. W`s haben, gilt es noch über anderes, nicht weniger Bedeutendes, wenn auch teils Kleinformatigeres zu berichten – hier präsent als „Kleines Kopfzeitalter“, „Visionäre“ oder „Bandanas“ – Männerköpfe, die von einem Tuch umschlungen sind, dem Bandana. Auch bei den kleinen gedruckten Motiven kombiniert sie teilweise Techniken, nutzt Aquarell-, Collage- und Zeichnungselemente. Die verwendeten Farben haben oft Signalcharakter. Es entstehen „irre Typen“. Anders die „Headphones“ genannten Arbeiten, die ein freches oder verschmitztes Mädchengesicht mit Kopfhörern zeigen und auch dessen Oberkörper mit einbeziehen. Die technischen Teile, die Haare und der Oberkörper geben die Möglichkeit, das Mezzotinto (Gesicht) mit Farbe und Schnittechnik zu verbinden. Hinweisen möchte ich noch auf die Angebotsgrafik – im Zentrum ebenfalls besagter Kinderkopf -, die durch Farbvariationen bei den Haaren und dem Pulliansatz auch Unikatcharakter erhalten.
Unbedingt ist noch auf die Serie „Cleveland“ einzugehen, die hier als der Stadtlandschaft gewidmete Kombinationen aus Aquatinta und Strichätzung eine Besonderheit darstellen. Die fast Miniaturen gleichenden Blätter widmen sich den eher vergessenen Ecken dieser sich wandelnden Stadt, deren Hochhaussilhouette nur einmal wie im Nebel auftaucht. Das Erstaunliche ist: auch wenn die Motive miniaturhaft scheinen, ist ihre Wirkung doch monumental. Diese kleinen Blätter, die auf das 2012 erhaltene Reisestipendium der Stadt Dresden nach Cleveland zurückgehen, zeugen ebenfalls von der enormen grafischen Präzision der Künstlerin. Die angesichts dieser Arbeiten von Sybille Nütt, der Kuratorin, gemachte Äußerung, man könne in T.W. wohl eine würdige Nachfolgerin Hans Körnigs sehen, ist da nicht von der Hand zu weisen.
Von Präzision und Beherrschung der Techniken war hier schon mehrfach die Rede. Dass die Künstlerin auch bezüglich der Präsentation ihrer Werke nach maximaler Wirkung strebt, können Sie ebenfalls wahrnehmen: Sie lässt die Blätter und Bögen in den teils mehrere Zentimeter hohen Rahmen „schweben“. Gerade für die mit Prägedruck und Schnitten versehenen Arbeiten ist dies besonders wirkungsvoll. Können doch so Licht und Schatten noch besser wahrgenommen werden. Die Blätter erhalten teils eine fast plastische Wirkung.
Punktuell sind schon Aspekte des Weges von Tina Wohlfarth angeklungen. Hier soll nun nicht die Biografie wiederholt werden, die man ja in der Galerie nachlesen kann. Betont sei aber etwas, worauf es mir ankommt: Das Studium an der Hochschule für Bildende Künste Dresden, besonders der für eine Grafikerin gewiss sehr prägende Einfluss von Elke Hopfe, aber auch die Vielfalt der Werkstätten mit ihren kompetenten Mitarbeitern, dürften mit entscheidende Grundlagen für die Qualität des heutigen Schaffens der Künstlerin gelegt haben. Hinzu kommen die Eindrücke, die sie mittels Reisestipendien sammeln konnte. Abgesehen von Cleveland in den USA, wo sie manche der Typen, die heute ihre Werke prägen, fotografierte, führten sie die Wege auch nach Finnland und in die Grafikwerkstätten von Tidaholm in Schweden.
Langsam scheint es so, dass die vielfältigen Anstrengungen für ihr künstlerisches Werk auch Früchte zu tragen beginnen: Auf die bedeutende Auszeichnung durch die Taiwaneser Biennale 2018 wies ich bereits hin. Allein im Zeitraum 2018/19 hatte die Künstlerin mehrfach Erfolg. In diesem Jahr nun erhielt sie den Preis der 12. Internationalen Biennale für Miniaturdrucke für ein „Bandana“-Blatt in den USA. Ebenso nahm sie an der 7. Guanlan International Print Biennial (China) teil. Bei den 100 Sächsischen Grafiken hatte sie zudem im vergangenen Jahr den 3. Kunstpreis der Volksbank Chemnitz erhalten, (2010 bei der gleichen Veranstaltung den Preis der Sparkasse Erzgebirge). Dies sind nur einige Beispiele der jüngeren Zeit. Wünschenswert wäre, dass neben den bisherigen musealen Erwerbungen, etwa durch die Kulturstiftung des Freistaates (Kunstfonds), sich zukünftig auch die Städtische Galerie Dresden und das Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen für die Künstlerin interessieren, abgesehen von hoffentlich noch weiteren internationalen Institutionen.
Bei Tina Wohlfarth gehen Modernität, geistiger Anspruch und höchste handwerkliche Präzision ein wunderbares Bündnis ein, das Aufmerksamkeit jeder Art – auch kommerzieller – verdient.
Damit sei die Ausstellung nun Ihrer Aufmerksamkeit empfohlen.
Ich danke Ihnen für Ihr Zuhören und wünsche Ihnen viel Freude mit „Ophelia“ und Gefährten.
Danke
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