Wir laden Sie und Ihre Freunde sehr herzlich ein,
die Ausstellung zu besuchen:

  • vor Ort in unseren Galerieräumen
  • im Virtuellen Rundgang hier auf unserer Homepage
  • im Ausstellungsvideo begleiten Sie uns in die Ateliers von Katja Lang und Wiebke Steinmetz und erfahren Sie Interessantes zum Werdegang und zur Arbeitsweise der beiden Künstlerinnen.

Die Zusammenschau der Arbeiten von Katja Lang und Wiebke Steinmetz widmet sich dem gemeinsamen Interesse der Künstlerinnen am Thema der Figur im Raum und ihrer stimmungsvollen Inszenierung in Licht und Schatten. In jeweils subtil umgesetzter formaler Reduziertheit ergänzen sich hier grafische und plastische Werke auf besondere Weise.

Die Radierungen von Katja Lang führen uns mit einsamen Spaziergängern in stille weite Landschaften und Räume von winterlicher und melancholischer Atmosphäre. Die interessanten
linear und flächig schraffiert gestalteten Kompositionen strahlen einen ganz besonderen epischen Zauber aus.

Wiebke Steinmetz, die uns bisher vor allem durch fein gearbeitete szenische Schattenbilder bekannt ist, zeigt in dieser Ausstellung bei art+form erstmals ihre ausdrucksstarken Holzskulpturen. Auch in dieser Materialität klingt der für das Gesamtschaffen der Künstlerin kennzeichnende Bezug zu Schattenwürfen und Schattentheater an. Die Objekte sind in Kombination von abstrakten und figürlichen Elementen gearbeitet, wobei das Material in seiner Struktur oft formgebend wirkt und die figürliche Akzentuierung gleichsam die Pointe setzt.

Freuen Sie sich auf unsere Ausstellung "Mein Schatten mit mir heimging" und lassen Sie sich ein auf spannendende Eindrücke und Synergien der Arbeiten dieser bemerkenswerten Künstlerinnen!

Impressionen von der Vernissage

Sonntag, 29. Januar 2023

Rede von Dr. Jördis Lademann zur Ausstellungseröffnung am 29.01.2023

 

Liebe Kunstfreunde,

"Mein Schatten mit mir heimging"
Welch poetischer Titel!
Er fesselt mich, seit ich ihn das erste Mal gehört habe. 

Er spricht Bände.
Und bleibt doch geheimnisvoll, wie die dahinterstehenden Arbeiten von Katja Lang und Wiebke Steinmetz.
Und hat Sie alle heute hierher gelockt!

Wer aber ist der Schatten? 

Ist er eine künstlerische Metapher? Ein unbewusstes Spiegelbild der Seele?
Ist er das „alter Ego“ und ständiger Begleiter durch den Tag – bis es …„heim-geht“…?
Oder ist er eine, klug gewählte, optisch perspektivische Möglichkeit (gerade für Katja Langs in grafischem Schwarz/Weiß gehaltenen Landschaften) einen Maßstab für die Weite der Räume und Wege durch Felder, Wiesen und Wälder zu setzen - einen allen vertrauten, menschlichen Maßstab? 

Nun – schon der Blick ins Schaufenster und die ersten Eindrücke der Ausstellung setzen eine erstaunlich entschleunigende Wirkung frei.
Lautlose, in lange Gewänder gehüllte Figuren stehen abwartend, beobachtend, bereit.
Stille umfängt uns, wie wir sie gerade in den letzten Tagen wieder einmal auf winterlichen Spaziergängen und Wanderungen genießen konnten. 

Es ist die Welt einer WINTERREISE, in die wir geschickt werden, einsam, suchend, ins Ungewisse. Allein. Und auf uns selbst gestellt.
So, wie die Landschaft im Winter ihre verunklärenden Einzelheiten unter dem Schnee verhüllt und sich erhaben auf die großen Formen ihrer ureigenen Tektonik besinnt, und wie Büsche und Bäume, ihres Laub- und Blütenschmucks entledigt, skelettartig gravitätisch die ihnen gemäße Ruhephase durchstehen, so sucht der Mensch „auf den weißen Matten“ seinen Weg, mit Entfremdung und existentiellen Fragen um Klärung und Selbstfindung zu ringen. 

Aber es sind nicht etwa Illustrationen zu Wilhelm Müllers spätromantischem Liederzyklus „Die Winterreise“, der in Franz Schuberts Vertonung bis heute geradezu volkstümlich populär ist, die Katja Lang hier anbietet - es sind ihre eigenen Empfindungen, die die Texte und die melancholisch eingängigen Melodien in ihr wachrufen, und die sie in Bilder übersetzt. 

„Ich denke in Bildern“, sagte einmal eine Künstlerin zu mir, und ähnlich wird es Katja Lang gehen, wenn sie liest, wenn sie Musik hört, oder sich in Natur- und Stadtlandschaften umsieht, und diese Gedanken dann in ihnen entsprechenden künstlerischen Techniken umsetzt. 

Aber bleiben wir noch einen Augenblick bei der Literatur, zu der übrigens beide Künstlerinnen, auf ganz unterschiedliche Art, große Affinität zeigen.
Denn zu mehr als einem Dutzend bibliophilen Künstlerbüchern bzw. Kassetten (zu Nietzsche, Bachmann, Rosenlöcher und, und, und), hat Katja Lang bereits in Kleinstauflagen Radierungen geschaffen – zwei Mal war die Winterreise dabei: 

Das erste Mal schon 2009, im Jahr des Abschlusses ihres späten Meisterschülerstudiums an der Dresdner HfBK bei Elke Hopfe.
Spät, weil sie vorher, wie ihre Biografie verrät, 1988 -1993 an der Technischen Universität Dresden Architektur studiert hatte, was man ihrem Bedürfnis nach Raumerfassung aus unterschiedlichen Perspektiven und auch bei hohen Horizonten bis heute ansieht.

Die Arbeit bei Elke Hopfe dann förderte sicher ihren subtilen, treffsicheren Umgang mit Schwarz/Weiß- und Grautönen, wie auch ihren entschiedenen Einsatz der Linie, gerade bei den hier gezeigten Kaltnadelarbeiten.

Mehr als 10 Jahre später, 2020, entstand dann ihre 2. Edition zur Winterreise – grafisch strenger linear, wie mir scheint, und wir sehen gerade in dieser Ausstellung, wie sie mit einmal gefundenen, motivischen Bildlösungen weiter und freier arbeitet und variiert.
Etwa mit der Grafik zum 1. Lied der Winterreise, in dem es nach dem einleitenden „Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh’ ich wieder aus“, heißt (2.Strophe): 

„Ich kann zu meiner Reisen
Nicht wählen mit der
Zeit:
Muß selbst den Weg mir weisen
In dieser Dunkelheit.
Es zieht ein Mondenschatten
Als mein Gefährte mit,
Und auf den weißen Matten
Such ich des Wildes Tritt.“ 

Das dafür von Katja Lang gefundene Sinnbild des schier endlos gewundenen Wegs sehen wir in Variationen wieder, in den großen Blättern „Licht im Winter“ und „Wintereinsamkeit“. Und zwar deutlich aufgehellt und uns als Betrachter näher gerückt, dank der geringeren Schwärze, beziehungsweise dem Wegfall der Vordergrundsvegetation. 

Ohnehin beschreibt die Winterreise keine Reise von hier nach dort, sondern führt ins Innere, wobei die Bewegungen der Seele in den anschaulichen, expressiven Landschaftsbildern ihre Entsprechung finden. 

Mithilfe dieser Seelenlandschaften gelang es dem Dichter und gelingt es der Künstlerin, in tiefe Bereiche der Psyche vorzudringen.
Auch dies mag ein Grund sein, für die bis heute anhaltende Wirkung der beschriebenen, vielfältig melancholisch schattierten Stimmungsbilder.
Denn die dahinter liegenden Zustände der „Erstarrung“ und des gefrorenen Herzens, der Mattigkeit und Unruhe, der Unfähigkeit zur Kommunikation, sind nicht zuletzt Folge der Entwicklung sensibler Individualcharaktere, die sich mit solch negativen Gefühlseinbrüchen bereits zu Müllers Zeiten zeigten, und die durchaus noch zum Krankheitsbild der heutigen Gesellschaft gehören – auch, wenn sie öffentlich gern verschwiegen und tabuisiert werden. 

Die auf Stille konzentrierten Arbeiten von Katja Lang - nicht nur (!) zur Winterreise - lassen diese, als sehr privat empfundenen Gefühle, zu.

Und jeder von uns, der schon einmal großen Schrecken oder große Enttäuschung, unglückliche Liebe oder Trauer erfahren hat, könnte wohl eine der einsamen, von ihrem Schatten begleiteten Figuren sein. 

Es bedarf genauer Selbstbeobachtung, sich von den Schatten durchlittenen Kummers zu befreien, es bedarf des Reflektierens und Artikulierens, verbal, musikalisch oder bildlich, um wieder einen offenen Blick für die Realität und objektiverer Selbsterkenntnis zu gewinnen. 

Genau hier liegt, meines Erachtens, die magische Bannkraft von Katja Langs Winterbildern. 

Natürlich trägt auch die einigermaßen kraftaufwendige Kaltnadeltechnik wesentlich dazu bei, in der sie Licht und Schatten, Figur und Raum wohl durchdacht - teilweise bei Freilassung großer heller Flächen - in die Druckplatten kratzt und schabt.
Es kommt ihr dabei nicht nur auf die allgemein begehrte tiefschwarze Samtigkeit an, die sie im Verdichten der Linien und Schraffuren ebenso beherrscht, wie eine stimmungsvolle, atmosphärische Transparenz. 

Es ist interessant, eine solche, relativ sparsam bearbeitete Zinkplatte direkt neben dem entstandenen Druckbild zum Thema „Out“ zu sehen.
U
nd es ist interessant, die etwas ältere Folge funktionaler Großstadtarchitekturen zu sehen, (von 2018): geradlinige Straßenfluchten, Bahngeleise und das Kreuzen räumlich und perspektivisch herausfordernder Straßen Unter- und Überführungen in Rom und Berlin - in auffälliger Austauschbarkeit - weil man sie ähnlich praktisch überall auf der Welt finden könnte. 

Als höchst spannend empfinde ich auch die neueren, kleineren Blätter von 2022 zum Thema „Road trip“, wo die Künstlerin wieder mit intensiven Schwarz/Weiß-Kontrasten vor allem aber aus ungewohnter Perspektive, aus größerer Höhe in Draufsicht wie bei einem Überflug gesehen, arbeitet. 

 

Und zwischen all den vom Menschen genutzten, überformten und reflektierten Landschaftsimpressionen tummeln sich – neugierig sich verbiegend, stoisch in sich ruhend, in vertraulichen Gesprächen einander zugewandt, gewunden argumentierend odergesenkten Hauptes resignierend - die expressiven Holzskulpturen von Wiebke Steinmetz. 

Auch sie haben das Zeug dazu, imposante Schatten zu werfen, aber das bestechendste an ihnen, das zuerst ins Auge fällt, ist zunächst ihre körperlich materielle Präsenz:
Grobe, scheinbar kaum bearbeitete, aus ihrem natürlichen Wuchs herausgesägte Holzscheite bilden monumentale, fast möchte ich sagen „monolithische“ Körper von Gewandfiguren.
Fast ausnahmslos kommen sie ohne Gliedmaßen – ohne Arme und Beine aus, haben kleine geschnitzte, entpersonalisiert einander ähnelnde, beinahe austauschbare Köpfe und zumeist ausladenden Kopfputz, so, als machten erst Kleider die Leute. 

Dabei ist die aus den Eigenheiten jeden einzelnen, unikaten Holzstücks herausgearbeitete Körpersprache so treffend und beredt, dass man meinen könnte, es einmal mit einer barock bewegten Bischofsstatue zu tun zu haben, ein anderes Mal mit der unberührbaren Härte eines Großinquisitors und schließlich mit einem in züngelnden Flammen lodernden armen Sünder.

Bei all dem spricht die Beschaffenheit des jeweiligen Holzes, Farbe und Verfärbungen, Maserungen, Risse und andere Anzeichen des Alterungsprozesses bis hin zu Spuren von Wurmfraß, kräftig mit.
Aber keine Angst!
Die Künstlerin ist, unter anderem als gelernte Tischlerin, Holzfachfrau genug, sich dem weiteren Fortschreiten derartiger Schadensbilder konservatorisch entgegen zu stellen. 

Sie hat, als vormalige Kostümschneiderin fürs Puppenspiel, die Gabe, ihre majestätisch daherkommenden Typen psychologisch tiefschürfend und dennoch mit etwas humoriger Leichtigkeit zu charakterisieren.
Dabei ist vor allem die sprechende Geste ihre große Stärke, da sie sie einfühlsam und mit viel Phantasie aus den Strukturen herausarbeitet, die das Holz ihr anbietet: 

Mehrfach das harte, feinporige Apfelholz, das außen hell, aber mit einem rötlich-braunen Farbkern, voller Überraschungen steckt.
Aber auch die spröde, leicht rissige, dunkelrot-braune Pflaume nutzt sie,
das relativ elastische, helle Eibenholz
und natürlich gern auch das von der Aura seines hohen Alters umwehte, hier schwarz nachgedunkelte Mooreichenholz. 

Während der Korpus der Figuren mehr oder weniger roh belassen und nur ausnahmsweise an gewissen Stellen geschliffen wurde, werden die unisono hell geschnitzten Köpfe meist von ausladenden Mützen, Hüten, möglicherweise auch Frisuren oder Federschmuck bekrönt, die dem gestischem Gebaren der Figuren das I-Tüpfelchen aufsetzen.
Aber auch zum Wesenskern des Holzes tragen sie, als ästhetische Details bei, da sie meist aus Restteilen anderer Wuchsstellen, Aststücken mit und ohne Borke, oder die Jahresringe betonenden Querschnitten aufgesetzt wurden. 

Hier bei Art & Form ist Wiebke Steinmetz ja seit längerem bereits durch ihre fein gearbeiteten, szenischen Papier-Schattenbilder bekannt, die noch einmal auf ihre Erfahrungen vom Puppentheater verweisen.
Wie sie dort die Umrisse der papiernen Schattenfiguren zum Sprechen bringt, sind es nun die sich zum Ganzen schließenden Umrisse der Holzfiguren, die sowohl einen imposanten Schatten zu werfen verstehen, wie sie vor allem aber viz-à-viz, vollplastisch und mit ihrer besonderen haptischen und optischen Materialästhetik ansprechen und überzeugen. 

Trotz liebevoller oder märchenhaft verfremdender Gewandung mögen wir manchen Zeitgenossen, manches gesellschaftsrelevante Verhaltensmuster wiedererkennen –
möglicherweise gar einen winzigen Schritt in Richtung Selbsterkenntnis tun. 

So vereint die Ausstellung "Mein Schatten mit mir heimging", wie es die Einladung verspricht, auf besondere und synergetische Weise grafische und skulpturale Arbeiten, die die Bildwelten zweier bemerkenswerter Künstlerinnen vorstellen, (beide übrigens Jahrgang 1968 und nicht in Dresden, sondern in Berlin und Chemnitz, beziehungsweise in Fürstenwerder lebend) und Bildwerke schaffend, die in unverwechselbar eigener Art und Weise Möglichkeiten für eigene Assoziationen anstoßen. 

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