Impressionen von der Vernissage

Sonntag, 2. Februar 2014, 17.00 Uhr
Einführung: Else Gold, Künstlerin
Musik: Katharina Hilpert-Sommer, Querflöte/Flautophon

Laudatio von Else Gold

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich freue mich zur Eröffnung der Ausstellung "Gebaut- Bemalt - Gedruckt" mit Keramik von Kathrin Buskies / Zeichnungen und Druckgrafik von Gerda Lepke und Gemeinschaftsarbeiten der beiden Künstlerinnen zu Ihnen sprechen zu dürfen.

Im Jahr 1999 lernte ich Gerda Lepke kennen. In einer großen Ausstellung der Künstlerin mit Malerei und Grafik in der Kunstsammlung Gera begegneten wir uns. Noch heute erinnere ich mich an ihre großen Baumbilder, die mit den Bäumen im Park vor den Fenstern der Orangerie korrespondierten, wie die lebendige Natur und der museale Innenraum miteinander verschmolzen, wie Leben und Kunst ganz selbstverständlich zusammengehörten. Auch das Künstlerinnengespräch mit Gerda Lepke in dieser Ausstellung hat einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen. Mit ihrer Aufforderung, selbst etwas zu tun und nicht abzuwarten, das etwas geschieht, hat sie mich befördert.

Etwa 10 Jahre später, als ich dann selbst eine Ausstellung in Gera hatte, übernachtete ich bei Gerda Lepke in Gera-Leumnitz. Am Abend erhielt Gerda Besuch von einer Frau mit einem großen Korb voller herrlicher, köstliche Dinge für ein gemeinsames Abendessen. Diese Frau war Kathrin Buskies. Einige Monate später sah ich, in einer Ausstellung in der Galerie der Kunstzone M1 in Gera-Untermhaus, große, glutrot glasierte Gefäße aus Ton, Arbeiten der Keramikerin Kathrin Buskies.

Im Sommer 2011 besuchte ich sie gemeinsam mit Kerstin Franke-Gneuß in ihrer Werkstatt auf dem Lechenberg in Gera-Langenberg. Dort erzählte mir Kathrin Buskies von einer gemeinsamen Arbeitszeit mit Gerda Lepke und entstandenen Gemeinschaftsarbeiten. Mehr passierte erst mal nicht. Aber ein Gedanke und ein Wunsch nahmen in mir Gestalt an. Und so konnte ich im Herbst des vergangenen Jahres im Kunstverein Meißen eine Ausstellung mit Grafiken von Gerda Lepke, Keramiken von Kathrin Buskies und Gemeinschaftsarbeiten der beiden Künstlerinnen eröffnen. Diese Ausstellung war für mich ein Fest, eine besondere Form von Erntedank.

Damals wie heute bin ich berührt von der Ausstrahlung der in gemeinsamer Arbeit entstandenen Gefäße der beiden Frauen. Diese Gefäße umschließen etwas, tragen etwas in sich. Sie umgreifen, umfassen - aber sie sind nicht verschlossen. Diese Gefäße sind offen aufzunehmen und wiederzugeben. Sie tragen die Handschriften beider, die der Keramikerin Kathrin Buskies ebenso und wie die der Malerin und Grafikerin Gerda Lepke. In ihnen vermittelt sich mir das gemeinsame Tun.

Ein seltener schöpferischer Prozess. Aus Gesprächen mit beiden Künstlerinnen weiß ich um die Mühen und die Freude während der gemeinsamen Arbeit, um die Beachtung der Fähigkeiten, des Wissens und des Könnens der jeweils anderen. Und ich erfuhr von der Freude beim Entdecken, Experimentieren und Spielen mit dem Material.

Beide Frauen arbeiten seit 2009 immer wieder gemeinsam in der Werkstatt von Kathrin Buskies am Lerchenberg in Gera-Langenberg. So auch in der Vorbereitung zu dieser Ausstellung.

Kathrin Buskies gibt dem Ton die Form – Teller, Vasen, Schalen. Sie baut die Gefäßkörper auf, aus von Hand gewalzten Platten weißen Tons oder fügt sie zusammen aus vielen kleinen Tonstücken. Gerda Lepke wählt aus den unterschiedlichen Gefäßkörpern den, dem sie sich am intensivsten zugeneigt fühlt, der sie im Moment anspricht. Sie nimmt das nackte Gefäß, den Körper an. Sie nimmt die Form auf und bearbeitet die Oberfläche. Sie trägt Ton plastisch auf und hebt ihn ab, sie schafft Reliefs und Strukturen mit ihren Fingern – tastend, streichelnd, knetend. Aber auch mit Messern und Hölzern bearbeitet sie die Gefäßwand. Sie schafft ein Gewand. Sie bekleidet das Gefäß mit Tanzenden, Schwebenden, Schreitenden und sich begegnende Figuren. Und sie zeichnet und malt mit Pinseln, getaucht in Engoben und Oxide. Manchmal ritzt sie die Figuren in einen dunklen Grund aus mit Mangan braunschwarz eingefärbtem Ton. Diese erscheinen dann als weiße Zeichnung, in die sie mitunter malerisch hineinarbeitet mit farbigen Oxiden. (Vase auf der Einladung)

Die reduzierte Farbpalette der Oxide und Engoben, die Veränderung der Farben während des Brandes sind für Gerda Lepke eine Herausforderung und ein Glücksumstand, Neues entdecken und erfahren zu dürfen, frei zu sein, neugierig sein zu dürfen. Im hingebungsvollen Spiel mit den Erden entdecken sich ihr neue Ausdrucksmöglichkeiten.

Auch die Abgabe der Kontrolle an das Feuer, das den Gestaltungsprozess fortsetzt, indem es fixiert, brennt - ist für die Künstlerin eine neue Erfahrung, eine Herausforderung. Anders als bei der Malerei oder Grafik, wo der Prozess ein fließender ist, der von der Künstlerin beobachtet wird in den sie sofort eingreifen kann, ist das bei der Keramik anders.

Vertrauen zu den Elementen, zur Erde und zum Feuer und das Vertrauen der beiden Künstlerinnen zueinander befördern einen besonderen schöpferischen Prozess.

So übernimmt Kathrin Buskies die von Gerda Lepke bekleideten Gefäße wieder und bearbeitet sie weiter, indem sie teilweise Glasuren aufbringt oder Oberflächen poliert. Und sie ist es, die die Werke dem Feuer übergibt und den Brand überwacht. Manchmal erfolgt danach ein Weiterarbeiten durch Gerda Lepke und dann wieder die Fortsetzung durch Kathrin Buskies. Die Zusammenarbeit besteht in einem vertrauensvollen Miteinander von Annehmen und Abgeben, von Hingabe und Aufnahme.   

Die Gemeinschaftsarbeiten der beiden Künstlerinnen, die Sie in dieser Ausstellung sehen, sind zum großen Teil in den vergangenen drei Monaten entstanden.

Die Reihe der 20 kleinen Schiffchenvasen aus weißem Ton, Innen schwarz glasiert, mit reliefartigen Figurenpaaren belegt und mit Oxiden und Engoben bemalt, ist als Vorzugsedition extra für diese Ausstellung hergestellt. Jede Vase ist einzigartig, einmalig in dieser Welt, wenn sie in ihrer Grundform einander auch ähnlich sind.

Eine einzelne große kugelförmige Vase aus weißem Ton ist im Inneren schwarz glasiert. Um ihren Bauch trägt sie ein braunschwarzes Band, in welches eine Figurenerzählung friesartig um das Gefäß angelegt ist.

Immer wieder sind es Figuren die sich auf und um die Gefäße bewegen.

Einzeln Landschaften, so auf der großen, ovalen, zylinderförmigen Vase mit dem Medaillon.

Eine besondere Arbeit ist für mich auch das Schlupfloch aus unglasiertem, weißenTon mit plastischer Figurenmodellierung und Engoben-, Oxidbemalung.

In einer Gefäßgruppe verbinden sich die glutrote Glasur, von der sich Gerda Lepke so angesprochen fühlte, als sie den Keramiken von Kathrin Buskies begegnete, mit Ritzzeichnungen der Grafikerin in braunschwarzem Ton auf weißem Grund. (Vase auf der Einladung, Schale, großer Krug)

 

„Gebaut - Bemalt - Gedruckt“ - eine Ausstellung – zwei Künstlerinnen, Kathrin Buskies und Gerda Lepke, Keramikerin die eine, Malerin und Grafikerin die andere.

Kathrin Buskies, 1964 geboren, ist ausgebildete Keramikerin und seit 1999 selbstständig mit eigener Werkstatt. Sie lebt und arbeitet in Gera. Gerda Lepke, geboren 1939, studierte Malerei und Grafik an der HfBK Dresden, ist seit 1971 freischaffend als Künstlerin. Ihre Arbeits- und Lebensorte sind Gera und Freital-Wurgwitz bei Dresden.

Die Ausstellung vereint Werke beider Künstlerinnen, im Feuer gebrannte Gefäße aus Ton und Zeichnungen und Druckgrafik auf Papier.

Die Gefäße der Keramikerin Kathrin Buskies, große und kleinere, aufgebaute, archaische Gefäßformen mit glutroter Glasur oder mit erdkrustigen Oberflächen, im Ofen oder in der Tonne gebrannt, stehen neben den grafischen Blättern von Gerda Lepke.

Kathrin Buskies Gefäße wachsen und werden, jedes einzeln, von ihren Händen aufgebaut und modelliert. Für ihre Vasen, Schalen, Krüge verwendet sie meist weißen Ton. Auf diesen bringt sie in vielen Schichten die Glasur auf, die dann so glutrot und tief leuchtet. Bei der Entstehung der Vielfarbigkeit der Rotnuancen lässt sie Spielraum für den Zufall, lässt sie sich auch überraschen von den Geschichten die entstehen durch die Schichtungen des Materials, der Glasur. Das Feuer darf mitspielen und es ist gegenwärtig im Leuchten dieser Gefäße. Kathrin Buskies lässt sich bei ihren Schöpfungen vom natürlich Gewachsenen  anregen. Die Vorstellung von einem Gefäß ist ein Gedanke, dem sie Raum gibt. Sie vertraut ihren Händen und ihrer Intuition. Mit den Fingern modelliert sie den Ton, umschließt mit ihm einen Raum, baut eine Wand zwischen einem Innen und einem Außen, begleitet das Wachsen eines Gefäßes. In ihren immer wieder nachwachsenden Schlupflöchern vermittelt sich dieser naturhafte Prozess für mich am deutlichsten. Ausgehend von der Installation „Der kleine Gärtnertod“, die sie gemeinsam mit Nora Krawitter vor einigen Jahren in Gera zeigte, entstanden und entstehen immer wieder diese archaisch anmutenden Gefäßkörper, wachsen nach unter ihren Händen. Sie verwendet dafür verschiedenfarbige Tone. Nach einem ersten Brand werden die Gefäße mit organischen Materialien umwickelt, z.B. Ostseealgen und Farnen, oder mit Salzen bestreut und dann in einer Tonne langsam bei 1000 ºC gebrannt. Anschließend werden sie abgewaschen, gewachst und poliert. Was sich zwischen Feuer, Rauch, den Mineralien und den Schlupflöchern in der Tonne vollzieht, ist nicht berechenbar, ist geheimnisvoll und setzt Naturvertrauen voraus. Die Ergebnisse sind überraschend und einzigartig, Feuer, Oxide und Salze haben ihre Spuren auf den Gefäßen hinterlassen. Die Spannung zwischen harmonischer Form und lebendig sich im Licht wandelnder Oberflächen laden ein, die Gefäße von Kathrin Buskies zu betrachten, zu berühren. In ihrer Erdhaftigkeit bergen diese geheimnisvolle Kräfte.

Die Zeichnungen Gerda Lepkes, viele von den hier ausgestellten, sind in den vergangen Wochen entstanden, in der Zeit, die sie selbst als eine Zeit der Schatten- und Geisterwesen empfindet. Die Künstlerin wählte für ihre Zeichnungen unterschiedliche Papiere als Grund, oft transparente Japanpapiere und Seidenpapier, die in ihrer Materialität hauchdünn, licht und doch fest sind. Auf diesen Gründen zeichnet und malt sie mit Tusche, Aquarell und Pastellkreide – Figuren, Frauen und Putti, Theaterszenen, Tanzende, Schreitende, Schwebende, einander Begegnende und Gesichter.

Für mich stehen diese Zeichnungen Gerda Lepkes in einer engen Verbindung zu den keramischen Gemeinschaftsarbeiten mit Kathrin Buskies. Es sind nicht nur die Figuren, es sind auch die Farbigkeit, das Skizzenhafte, aber auch das Malerische und die Freude am Spiel, die sich mir in den Zeichnungen, wie in den Keramiken offenbaren.

Die Schattenwesen, das Geisterhafte der Zeit zwischen den Jahren, ist in ihnen gebannt, gewandelt in Poesie.

Auf den Gefäßen erzeugen sie einen anderen Klang, als in den Zeichnungen. Dort klingt die Wärme der Erde mit, das Geheimnis, welches das Gefäß umschließt. Hier der Klang der Luft, das Lichte, das Schwebende.

In der Hinwendung zu den Gefäßen empfinde ich gleichzeitig eine Sehnsucht nach Berührung und eine Scheu, den Zauber, der von ihnen ausgeht, zu zerstören.

Und doch sind sie zum Gebrauch bestimmt, bestimmt zu Aufnahme, Bewahrung und Weitergabe.

 

Vor einigen Jahren entdeckte ich in der Keramikwerkstatt, im Kunstverein Freital, im Einnehmerhaus ein Zitat, welches mir Barbara Hornig überließ und welches ich ihnen gern wiedergeben möchte. 

„Das Gefäß ist von seinem Wortsinn her das, was dem Halt gibt, das von sich aus keine feste Form hat.

Von seinem Ursprung her steht das Gefäß im Zusammenhang mit dem Sakralen und hat eine kultische Verwendung. Es hat einen Bezug zu den Göttern und von daher in vielen kulturellen Kontexten einen figuralen Charakter. So kommt es nicht von ungefähr, dass seine Details mit der Figur parallel laufen. Man spricht in der modernen Formanalyse von Fuß, Bauch, Schulter und Hals. Das Gefäß hat quasi-personalen Charakter. Daher kann es im kultischen Zusammenhang eigentlich nur von einer einzelnen Person getragen werden. Hier empfängt es zugleich in seiner Leere ein Geheimnis, hält dieses für einen gewissen Zeitraum fest, um es dann an einen Empfänger weiterzureichen.“


Meißen, 02. Februar 2014
Else Gold

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